Gothic 4 Demo

Arcania – Gothic 4 a Gothic Tale

Sparen wir uns die langen Floskeln über das Hin und Her, wer nun die wahren Macher des Gothic sind, und dass der Name in den Dreck gezogen wird. Kommen wir lieber gleich zu der Frage ob Arcania in die Fußstapfen seines Ahnen treten kann oder nicht. Pyranha Bytes zuletzt mit Risen dem eigenen Stil treu geblieben, schuf ein düsteres, schweres und raubeiniges Rollenspiel nach der Art wie man es von den Entwicklern kannte. Der Wiederspielbarkeitswert fiel leider gering aus und die Technik lies an vielen Ecken Mängel erkennen. Wie also schlägt sich unter diesen Voraussetzungen nun Arcania – Gothic 4?

Ein erster früher Blick

Wie versprochen hat Jowood vorab eine Demoversion veröffentlicht. Diese beinhaltet die Startinsel, 10 Quests und dürfte für ein bis drei Stunden Spielzeit ausreichen, und um einen Eindruck über das Spiel zu gewinnen. Die 1,85Gb vom Server der PC-Games sind schnell gezogen. Ab morgen dürfen auch andere Plattformen die Demo veröffentlichen und einen Download anbieten.

Die Einstellungsmöglichkeiten bieten zahlreiche Optionen. Spielhilfen wie Bildschirmanzeigen, eine permanent eingeblendete Karte und Ähnliches lassen sich auf Wunsch abschalten. Dies ist ein Zugeständnis an die Fangemeinde von Gothic, die auf solche Spielhilfen mit Argwohn reagierte. Immerhin gab es derlei in den Vorgängern nie, und dieser Minimalismus in dem Informationsfluss, war eines der meist geschätzten Punkte eingeschworener Fans.

Da auch bei Arcania die Welt aus einem Guss besteht und man Ladebildschirme nur in Ausnahmen zu Gesicht bekommt, ist es nur sinnvoll die vielen Grafikeinstellungen zu nutzen, um das Spiel an das eigene System an zu passen. Auffällig ist hier die Option zwischen europäischer oder amerikanischer Darstellung zu wechseln. Je nach Wahl passen Schader die Farb- und Lichtstimmung an die Vorlieben des jeweiligen Landes an. Europäisch ist der Look den man von Gothic kennt. Gedämpfte Farben und geringere Kontraste, während die Amerikaner kräftige, satte Farben und stärkere Überstrahleffekte nehmen können. Welche Option mehr zu sagt ist Geschmacksache und kann jederzeit ohne Problem im laufenden Spiel umgestellt werden. Screenshots und Videos wurden übrigens in der europäischen Einstellungen aufgenommen.

Die europäische und amerikanische Optik-Einstellung im Vergleich

Stimmige Spielwelt und ungewohnter Tonfall

Schon der Spielbeginn lässt an der Aussage ob Arcania ein Gothic ist, Zweifel aufkommen. Der Held mit Emo-Frisur wird von seiner Freundin Ivy geweckt. Ihr Vater wolle ihn sehen und wäre recht zornig. Die knabenhafte Stimme mag zu dem jugendlichen Äußeren des Protagonisten passen, die unverblümte Frage nach einem Kuss gibt jedoch eine Harmonie vor die so in der Serie nie vor kam.

Ivys Vater ist zornig über das Liebesgeplänkel des heimlichen Paares.

Auch in Gesprächen wirkt der Jüngling meist entspannt und mehr wie der abenteuerliche Teenager von nebenan, als der raubeinige „Dann hau ich dir volle Pfund aufs Maul“-Held der ersten drei Gothics. Hier und da lassen die Dialoge jedoch die erhoffte Ruppigkeit erkennen. Wenn der Vater mit zorniger Stimme und wütenden Gestiken von der Beziehung des Paares wettert, wirkt dies wie ein typischer Dialog aus Gothic. Die Frage nach einer Eheschließung schon wieder weniger. Dafür gefallen Kameraeinstellung und Animationen der Figuren, die eine Steigerung darstellen. Gothic und Risen gaben sich hier weniger Mühe.

Diego scheint den Helden schon lange zu kennen und scherzt munter mit seinem Freund.

Neue Menüs verabschieden sich von der Tradition

Einen Bruch mit der Reihe machen die Menüs. Teils im positiven, für Kenner aber auch zum negativen Sinne. Eine Karte die nur grobe Linien und manchmal nicht einmal die vollständige Spielwelt zeigte? Neue Lernpunkte und damit ein langer Weg zum nächsten Trainer, der diese für Gold in Attribute oder Fähigkeiten tauscht? Das gibt es nun nicht mehr.

Die Menüs unterscheiden sich stark in Darstellung und Funktion von den Vorgängern.

Permanent (aber abschaltbar) befindet sich oben rechts eine Minimap. Die eigentliche Karte zeigt die gesamte Spielwelt detailliert, zeigt sogar auf welche Bereiche man besucht hat und welche noch fremd im Dunkel liegen. Das Questlog hat einen deutlichen Sprung nach vorn gemacht. Statt nur die Gespräche wieder zu geben, sind die zu erledigenden Aufgaben deutlich genannt und lassen sich auf Wunsch auch hervorheben. Das Inventar, anfangs gewöhnungsbedürftig listet die Gegenstände in Gruppen auf, gibt genaue Informationen und schnellen Zugang. Einzig eine Vergleich-Anzeige zwischen ab- und angelegter Ausrüstung fehlt für das Glück.

Den größten und für Veteranen vermutlich unschönsten Bruch machen die Levelaufstiege. Lernpunkte sind Geschichte. Wer im Level aufsteigt, darf auf einem Fähigkeiten-Baum Punkte vergeben. Diese steigern an Ort und Stelle verschiedene Attribute, und  schalten alle paar Verbesserungen neue Fähigkeiten frei. Die Wahl eines Trainers oder gar Konzentration für bestimmte Klassen entfallen hiermit. Meiner Meinung nach eine Änderung die Einsteigern das Spiel zugänglicher macht, dem Gameplay jedoch viel Atmosphäre nimmt.

Das Sahnehäubchen, eine Spielwelt mit Stimmung

Goblins sind mal wieder typische Standardgegner in den ersten Stunden.

Auch wenn in der Landschaft selbst auf höchsten Einstellung immer wieder Objekte und Felsen aufploppen und die Wassereffekte etwas blass sind, wirkt die Welt doch sehr organisch. Ständig marschiert ein Passant die Wege im Dorf entlang, ein Ork nutzt den Schatten eines Baumes für eine kurze Pause. Die Hühner gackern während Jemand seine Sorge bezüglich eines Schiffs am Horizont äußert, und der Bauer hat ein Problem mit Molerats auf seinen Feldern und will deswegen Niemand über den Bach schreiten lassen. In einer Höhle wachsen Pilze an den Wänden, Wurzeln durch die Decke, und immer wieder knirscht Dreck oder tröpfelt Wasser von der Decke.

Die Kamera ruht nicht starr hinter dem Helden, sondern bleibt jederzeit frei schwenkbar.

Dazu kommt eine im Allgemeinen gute deutsche Sprachausgabe und gelungene Animationen. Wenn der Held mit einem Weidestock zu schlägt, dann klingt und wirkt dies um ein vielfaches wuchtiger als der schnelle Hieb mit einem Knüppel. Grundhaltung und Animationen sind ein schöner Ausgleich für das insgesamt etwas einfacher geratene Kampfsystem. Ein Druck auf die rechte Maustaste stoppt Schläge, in Verbindung mit einer Richtungstaste weicht der Held mit einer schnellen Rolle aus, bevor er selbst zum nächsten Schlag ausholt, der auch mal mehrere Gegner auf einmal treffen kann.

Nahe des Dorfes ragt dieser Wasserfall nebst Höhle in die Höhe. Die Landschaft ist durchaus hübsch.

Fazit

Es fehlt dem hellen und fast freundlich wirkenden Startgebiet aus der Demo an vielen Stellen, ebenso wie in einigen Spielelementen das was Gothic typisch gemacht hat. Das soll aber kein Beinbruch sein. Wer jetzt noch nicht lautstark Frevel oder Ketzer gerufen hat, sollte sich die Demo selbst ansehen und ein Bild von dem Spiel machen. Interessant ist der Titel allemal, und wir dürfen gespannt sein ob die Vollversion diese positiven Aspekte auch weiter führt und eine brauchbare Geschichte erzählt.

4 Kommentare

  1. Schöner Artikel, im Großen und Ganzen ich fast allem genannten zustimmen. Bei Fortsetzungen von Spielereihen durch einen anderen Entwickler ist die Fangemeinde ja immer zerstritten, daher finde ich es toll, dass die rüberkommende Aussage vom Artikel ist, dass jeder selbst bestimmen muss, ob es ihm Gefällt oder nicht.
    Aber ein ganz böser Fehler ist, dass afaik Ubisoft nichts mit Arcania zu tun hat, sondern JoWood ;-)

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