Weder Gothic, noch einem Rollenspiel gerecht
Die im Blog vorgestellte Demo lies noch gutes erhoffen. Viele Bereiche die man als Fan zwar schätzte die aber nach heutigen Maßstäben umständlich waren wurden entschlackt. Eine permanente Karte bot mehr Übersicht, das Kampfsystem setzte auf geschmeidige schnelle Kämpfe und die Optik schien bis auf wenige Mängel durchaus ansehnlich.Leider hat die Demo damit schon das Beste gezeigt.
Das Intro muss bereits das Beste bieten und einstimmen
Das ist eine Weisheit und Regel. Wenn ein Spiel in den ersten Minuten nicht überzeugt, tut es sich meist schwer dem Spieler noch zu gefallen. Insofern verspricht das Intro von Arcania – Gothic 4 nicht zu viel oder wenig. Als König Rhobar III erwacht man in einer Höhle. Warum? Keine Ahnung. Aber man verbringt die nächsten Minuten damit sich durch eine langweilige, generische Höhle und dutzende Skelette, schließlich sogar Dämonen zu prügeln als spielte man Diablo anstelle von Gothic.
Intro vorbei, der Spieler erwacht im Gebiet das bereits aus der Demo bekannt ist. Auf den ersten Blick wirkt alles noch positiv. Die Demo zeigte eine deutlich gekürzte Handlung. Noch eh man auf Diego trifft, will ein Feld von Molerats befreit und ein Dolch aus einem Grab geplündert werden. Hirsche gilt es zu erlegen, das Startgebiet wirkt abwechslungsreicher und als die Höhle der Hexe verlassen wird, steht Feyshir in Flammen. Ivy getötet sinnt der Held nach Rache am König und reist mit Diego aufs nächstgrößere Eiland.
Vorneweg: Arcania verzichtet auf fast alles was ein stimmiges Rollenspiel ausmacht. Zwar lassen sich Buchständer nutzen, doch blättert der Held nur ohne Auswirkung in den Seiten. Ein Bett kann genutzt werden, doch nur drin liegen. Schlafen und so die Zeit vor spulen ist nicht möglich. Einen Amboss darf man verwenden, Gegenstände wie Waffen oder Tränke werden allerdings über ein Menü und nicht über Gegenstände erstellt. Wohl deshalb lassen sich diese „Rollenspielhandlungen“ im Menü eiskalt deaktivieren.
Was bleibt ist ein Hack & Slay der Superlative. Sind viele Rollenspiele und Gothic im Besonderen von Anfang an frei begehbar und fast nur durch für Anfänger zu starke Monster in ihrer Erkundung eingeschränkt, verläuft das Schema bei Arcania Gothic 4 anders. Begehbar ist nur ein Gebiet mit ein, zwei Hauptquestgebern und zwei drei belanglosen Nebenquests. Sämtliche Aufgaben basieren auf dem Schema zu einem Wegpunkt zu laufen, meist ein langes, monotones Gewölbe zu durchschreiten und Jemand zu töten oder etwas auf zu sammeln. Wenigstens steht man am Ende dieser Wege meist in der Nähe des Questgebers und kann in einem belanglosen Gespräch ohne gesprächs-relavante Optionen den Auftrag abhaken und sich zum nächsten Auftraggeber schicken lassen. Neue Gebiete werden erst zugänglich wenn die Handlung es vorsieht und im jeweiligen Gebiet ohnehin nichts mehr zu holen ist. Erkunden? Ausser einer Schatztruhe mit generischen Inhalt und einigen Gegnern verpasst man nichts.
Also arbeitet man darauf hin dass die Wachen das Tor öffnen, man den Passierschein erhält, einen Zauber bekommt der Geröll bersten lässt, oder der dumme Orc endlich aus dem Weg geht. Immerhin unterscheiden sich die Gebiet optisch voneinander. Auf satte Wiesen folgen Hänge voller Felder auf denen statt Goblins Feldräuber wüten. Ein dichter Wald mit Wölfen erzählt von einer Schlacht und diebischen Goblins (wie so oft in langen Höhlenkomplexen). Einsam durchkämmt man Sümpfe mit einer Stadt die um und in einen gewaltigen Baum gebaut wurde. Im Urwald lauern Razoren und Trolle während man einsam durch von Schwefel zerfressene Einöden und eisige Gebirge klettert, um schließlich einer Bastion von Untoten in der Hauptstadt gegenüber zu stehen.
So abwechslungsreich die Areale sind, verbunden und untergraben sind sie von etlichen Kilometern unterirdischer Tunnelsysteme. Und in diesen läuft man nur von A nach B und vermöbelt pro Tunnel an die hundert Gegner immer gleicher Art. Mal sind es Höhlen voller Goblins, später Skelette, dann mehren sich Golems oder Warane. Rätsel gibt es keine. Das Höchste ist es wenn in einem Gang Feuerbälle fliegen denen aus zu weichen aber auch Anfänger unterfordert. In diesen Momenten ist Gothic 4 nur ein Actionspiel in dem man sich von einer Gegnergruppe zur nächsten prügelt.
Neue Rüstungen gibt es jeweils drei zur Auswahl für Krieger, Magier und Mischfiguren wenn ein Kapitel abgeschlossen wurde. Ausrüstung findet man nur höchst selten mal eine Waffe oder Armschiene die marginal bessert als die aktuell getragene ist. Und die Auswirkungen der Levelaufstiege sind gering. Motivation weiter zu spielen bietet somit eigentlich nur die mäßige aber wenigstens durchgängige Geschichte.
Was Arcania – Gothic 4 mit seinen Vorgängern verbindet ist schnell aufgezählt. Die Freunde Diego, Gorn, Lester und Milten, den namenlosen Helden als König Rhobar III und ein zwei Charaktere die in Nebensätzen erwähnt wird. Ab und an wird ein wenig geflucht und bekannte Gegnertypen laufen über den Weg. Dass selbst Razor, Magierskelett, Golem und Dämon jetzt erst im Dutzend eine Herausforderung darstellen ist ein Armutszeugnis. Konnten in den früheren Teilen ein zwei Gegner zugleich schon das Aus bedeuten, wirbelt der Held in Arcania wie eine Rasierklinge durch ganze Horden und sieht zu wie sein Erfahrungsbalken kontinuierlich anschwillt, um an Ort und Stelle die Lernpunkte zu investieren und zwei neue Heilträge zu brauen.
Das war es aber auch schon. Die Welt weißt keine Parallelen auf und Stimmung wie Gameplay sind so fern wie lange nicht. Am schlimmsten ist dies in den Städten, zumeist die einzigen Orte an denen man auf Menschen trifft. Außer drei Questgebern und den Händlern hat keiner der Bewohner etwas zu sagen. Ob Tag oder Nacht, die Leute gehen immer der gleichen Sache nach. Man plündert ihre Häuser? Kein Problem. Die Figuren dienen nur als Statisten in den meist abgelegenen Orten. Eine Interaktion findet nicht statt.
Den absoluten Hohn dieser Armseligkeit stellt eine Szene zu Beginn des zweiten Drittels dar. Man möge sich doch bitte um Wächter kümmern. Diese würden gnadenlos auf dem großen Platz wüten. So weit so richtig. Auf dem Platz des Klosters treiben zwei Meterhohe Feuergolem ihr Unwesen und greifen den Held ohne zu zögern an. Zwei Meter daneben steht ein Mönch seelenruhig am Feuer und grillt sein Schwein während ein anderer mit der Fackel Patroille läuft. Dass gerade ein Kampf tobt stört Niemand.
Fazit
Arcania Gothic 4 enttäuscht nicht nur als Anhänger der Serie, sondern auch als Rollenspiel generell. Fernab der Handlung gibt es praktisch nichts zu entdecken, eine Identifikation mit der Welt oder anderen Figuren findet nicht statt. Man läuft auf Schienen durch eine große Welt und fragt sich etliche tausend Feinde später: Das soll das Ende sein?
Selbst der Abspann enttäuscht auf ganzer Linie und lässt Ärger aufkommen. Dabei kann noch nicht einmal behauptet werden das Spiel wäre einfach nur unfertig. Nein, schon die grundlegenden Spielinhalte sind von Anfang an falsch und eine Beleidigung. Wer nicht gerade verzweifelt nach etwa 12 Stunden Beschäftigung sucht oder unbedingt wissen will wie Gothic zu Grunde geht, sollte einen Bogen um dieses Spiel machen.
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