Dragon Age 2

Dragon Age 2 Hoher Drache
Auch in Teil 2 sorgen einige Drachen für lange und spannende Kämpfe.

Wenn eines der größten Rollenspiele der letzten Jahre mehr als fünf Jahre Entwicklung brauchte, die Entwickler vieles anders machen wollen, ist das eine große Aufgabe. Wenn diese Aufgabe in gerade einmal achtzehn Monaten umgesetzt wird sorgt das bereits für skeptische Blicke. Wenn die Geschichte linear verläuft, die Hauptfigur nur noch ein Mensch sein darf und das Kampfsystem laut Entwicklern zugänglicher wird, dann schreien viele Fans. Demnach lautet die erste und entscheidende Frage: Ist Dragon Age 2 überhaupt noch Dragon Age?

Ein schweres Erbe

Die Antwort lautet Ja aber mit merklichen Abstrichen. Das heißt nicht Dragon Age 2 wäre schlecht. Das trifft ganz und gar nicht zu. Angesichts der großen Erwartungshaltung enttäuscht Teil 2 auf hohen Niveau, unterhält jedoch nach wie vor sehr gut. Man sieht den Zeitmangel vorrangig an den verfügbaren Levels und dem etwas geringen Tiefgang der Begleiter. Warum trotz offensichtlicher Macken Dragon Age 2 noch immer besser ist als die meisten anderen Rollenspiele, werde ich auf den folgenden Zeilen im Detail erklären.

Dragon Age 2 Geschlecht und Klassenwahl
Zu Beginn werden Geschlecht und die Klasse (Magier, Krieger, Schurke) fest gelegt. Hawke ist zwingend ein Mensch.

 

Handlung

Kein Grauer Wächter mit der Lizenz zum Weltenretten steht dieses Mal im Mittelpunkt des Geschehen. Statt dessen schlüpft der Spieler in die Rolle von Hawke. Hawke kann sowohl männlich als auch weiblich sein, was durchaus einen Einfluss auf Gespräche, Romanzen und Begleiter. Auf jeden Fall ist Hawke aber menschlich. Eine Rassenwahl und damit eine Origin-Questreihe wie im Vorgänger entfällt.

Das ist nicht einmal der geringen Entwicklungszeit zu zusprechen. Jede Rasse in der Welt von Dragon Age besitzt unterschiedliche Abstammung und wird unterschiedlich behandelt. In Menschenstädten fristen Elfen zum Beispiel ein elendes Randdasein in den Slums. Die Geschichte von Dragon Age 2 führt aber durch politische Verstrickungen und hohe Ränge. Mit einer anderen Rasse hätte der größte Teil der Geschichte anders verlaufen müssen.

Varric erzählt Kassandra nicht nur von Hawkes Taten, gelegentlich flunkert der Zwerg zudem.

 

Die Geschichte in Dragon Age 2 verläuft parallel zur Handlung des Vorgängers. Die Dunkle Brut fällt über die Landstriche her und stürzt diese ins Chaos. Hawke ist mit seiner bzw ihrer (im Artikel werde ich die maskuline Form verwenden) Familie auf der Flucht, nachdem Ferelden überrannt und die Bewohner abgeschlachtet wurden. Unter Verlusten und auf einem Schiff rettet die Familie sich zusammen mit etlichen anderen Flüchtigen nach Kirkwall. Eine Stadt die schon vom Aufbau her einer Festung gleicht und unter dem Ansturm von Flüchtigen nicht mehr weiß wohin mit den Leuten.

Zwar besitzt die Familie ein Herrenhaus in dieser Stadt, doch an dieses zu gelangen bringt so manches Problem mit sich. Das vorrangige Problem ist das fehlende Geld um das Heim zurück zu kaufen. Die ersten Jahre der zehn Jahre umfassenden Geschichte, verbringt der Held mit seinen Freunden damit durch Aufträge Gold zu sparen. Eine Expedition in die Tiefen Wege ist zwar gefährlich und fordert ein Hohes Kapital, doch die Schätze die dort unten vermutet werden, lassen etliche Abenteurer nach einem Ausflug lechzen.

Im Laufe der Jahre entwickelt sich zwischen Templern und Magiern ein zunehmend gefährlicherer Konflikt.

Die späteren Jahre entwickeln die Familie und Gruppe um Hawke stetig weiter. Erzählt wird diese in einem episodenartigen Format im Rahmen eines Verhörs. Die Kirchenabgesandte Kassandra verhört den zwergischen Schurken Varric. Ein zynischer aber sehr sympathisch dargestellter Zwerg der während des Spiels früh zur Gruppe stößt und die meisten Abenteuer somit aus erster Hand erlebt hat. Hawke wird während dieses Verhöres immer wieder als Champion von Kirkwall betitelt, eine Bezeichnung die er erst nach vielen Jahren erlangt.

Varric erzählt in die Kapitel verbindenen Dialogen in Rückblicken erwähnenswerte Stationen aus Hawkes Leben. Die Frage warum dieses Verhör erfolgt wird allerdings erst zum Ende hin klar. Der Spieler weiß nur dass irgendetwas großes und den Gesprächen nach zu urteilen frevelhaftes geschehen sein muss. Die Kirche mischt sich in Dragon Age als höchste Instanz nur selten in die Belange einfacher Menschen ein.

Quests

So linear sich die Geschichte präsentiert, so wenig linear spielt sich das Spiel. In jedem Kapitel gibt es einen Hauptauftrag der sich in mehreren Episoden durch die Spielwelt zieht. Im Rahmen dieser Aufträge lässt sich die verfügbare Spielwelt allerdings frei erkunden und je Kapitel etliche Nebenaufträge erfüllen. Die belanglosesten Aufträge nimmt man wortwörtlich im Vorbei gehen mit.

Hier mal ein Familienschmuck der in einer Truhe liegt, dort in einer Höhle die sterblichen Überreste eines Familienangehörigen gefunden. Zum Besitzer gebracht werden ein zwei Sätze gesprochen, eine Belohnung ausgeschüttet und das war es. Solche Aufträge tauchen aber auch erst im Log auf wenn man die Gegenstände gefunden hat. Ein Schema „Suche Gegenstand X“ findet sich nicht in den Aufträgen.

Anders eigenwillige Weltanschaung bringt die Gruppe manches Mal in Schwierigkeiten.

Jene Aufträge die Hawke entweder in Gesprächen oder durch ihm zugesandte Briefe erhält, laufen komplexer ab. Je nach Auftrag sind hierfür mehrere Schritte notwendig um einen Abschluss des Auftrags zu ermöglichen. Will man einem Gruppenmitglied zum Beispiel Hilfestellung in Liebesdingen bieten, gestaltet sich dies ungleich schwieriger als zu Beginn angenommen. Die dezenten Hinweise die ausgetauscht werden sind zu plump um verstanden zu werden. Eine zu getragene Aufforderung sorgt für Unverständnis. Und der Versuch während einer Patrouille zu einem Gespräch zu kommen, beschäftigt die Freunde zwar stark, sorgt bei dem vom eigenen Glück nichts wissenden Pärchen aber für katastrophale Verhaltensweisen.

Während dieser Aufträge gibt es viele Gespräche mit verschiedenen Gesprächsoptionen. Hawke kann fast immer zwischen einer freundlichen, zustimmenden Antwort, einer neutralen oftmals auch witzelnden, oder einer ablehnenden, aggressiven Antwort wählen. Je nachdem welche Begleiter gerade in der Gruppe sind, können auch diese auf Wunsch eine Antwort geben und das Gespräch so in eine ganz andere Richtung lenken. Hat Hawke vorab wichtige Informationen erfahren, lassen sich Aussagen zudem gezielt hinterfragen oder weitere Hintergrundinformationen erplaudern. Mir persönlich gefällt dieses vereinfachte Dialogsystem besser als die vollständig vorgekauten Antworten, wie sie noch in Dragon Age Origins vor kamen. Nach wie vor lassen sich allein durch Gespräche viele Konflikte friedlich lösen und die Freundschaft oder Feindseligkeit der eigenen Gefährten beeinflussen.

Atmosphäre

Dragon Age 2 macht atmosphärisch nicht viel falsch und fasziniert mit vielen spannenden Aufträgen und Gesprächen. Aber jene Punkte bei denen die kurze Entwicklung auffällt, sind zugleich Punkte die sehr stark auf die allgemein gute Atmosphäre drücken. Ein großer Pluspunkt ist definitiv die Parallele zu Origins. In Gesprächen erfährt man Hintergrundinformationen die gerade in Ferelden, Ostagar und anderen Orten zugetragen wurden. Auch trifft Hawke auf Charaktere die der Spieler bereits in Origins kennen lernte. Der Zwerg Bodhan und sein ungewöhnlicher Ziehsohn Sandal sind die ersten die in der Stadt Kirkwall auftreffen. Selbst alte Bekannte aus der Heldengruppe geben sich ein erneutes Stelldichein und lassen sich teilweise sogar für die neuen Abenteuer rekrutieren.

Die Titel gebenden Drachen sind ein seltenes, herausforderndes Highlight.

Die Charaktere sind ohnehin die große Stärke der Atmosphäre die Dragon Age 2 aus macht. Ganz gleich ob die etwas naive und ausgestoßene Elfe Merryl, der bereits erwähnte Zyniker Varric oder der ehemalige Graue Wächter Anders. Den meisten fehlt zwar ein wenig der Tiefgang in ihre Vergangenheit, doch fühlen sich die Gefährten lebendiger an als in den meisten Rollenspielen. Neben ganz eigenen Questreihen in denen die Vergangenheit und Motive der Gefährten beleuchtet werden halten diese auch selten das Mundwerk.

Während die Gruppe durch die Gassen, Häuser und Katakomben ziehen entspannen sich immer wieder Gespräche zwischen den Figuren und erzählen meist witzige Anekdoten was den Einzelnen in den letzten Tagen abseits der Aufträge im Alltag passiert ist. Als Merryl nach einigen Jahren nicht mehr das Problem hat sich regelmäßig in der Unterstadt zu verlaufen, möchte diese Varric die Rolle Garn zurück geben die sie immer wieder ausrollte um zurück zu finden. Mit den Worten es wäre ein Mehrzweckgarn und sie könne noch immer nähen oder einen Braten binden, empfiehlt der Zwerg die Rolle einfach zu behalten. Diese Gespräche laufen automatisch ab und unterbrechen den laufenden Spielfluss nicht. Einzig die Kommentare nach Kämpfen neigen dazu sich zu wiederholen, während die Gespräche selbst stets neu ausfallen.

Farbenfrohe Effekte und Zauber lassen die oft triste Umgebung in Kämpfen kurz vergessen.

Auf der dunklen Seite der Atmosphäre stehen dafür die Landschaften. Die Optik sollte bewusst einen stilisierten Look erhalten der den Fokus auf die Charaktere legt und die Landschaft einfacher gestaltet. Eine andere Bezeichnung für den künstlerischen Look wäre steril. Die Umgebungen sind nicht nur detailarm, sie wirken sogar regelrecht steril. Die Unterstadt, Slum von Kirkwall hat kaum Dreck oder Schutt herum liegen. Durch die einfachen Farbgebung wirken die Gassen der Stadt wie geputzt und gesäubert. Es laufen nur wenige Bürger herum, Tiere findet man hingegen nur wenn diese feindlich sind. Einen herum streunenden Hund oder Vögel die für eine lebendigere Welt hätten sorgen können, sucht man in Dragon Age 2 vergebens. Die Geräuschkulisse versucht zwar in der Ortschaft immer wieder geschäftiges Treiben zu simulieren, klingt allerdings dünn und angesichts der leeren Umgebung nur bedingt glaubwürdig.

So schön einige für die Handlung relevante Orte auch aussehen, die meisten wiederholen sich zu sehr. Sind in anderen Spielen Orte oftmals aus den gleichen Stücken zusammen gesetzt, hat Bioware sich die Mühe bei Dragon Age 2 gleich gespart. Hier werden die gleichen Höhlen, die gleichen Katakomben und gleichen Häuser eins zu eins wieder verwendet. Hier mal eine Tür verschlossen, eine andere geöffnet. Aber spätestens nach der dritten Höhle und dem zweiten Herrenhaus kennt der Spieler den Ort auswendig. Ob man nun abtrünnige Blutmagier, einen Stamm der Qunari oder Sklavenhändler jagt spielt keine Rolle. Der Ort an dem man dies tut sieht jedes Mal identisch aus. Ein echtes Armutszeugnis das in Kombination mit den ewig gleichen Kämpfen für Monotonie sorgt.

Kampf und Menüs

Wer Dragon Age Origins gespielt hat erkennt vorrangig zwei Unterschiede während den Kämpfen. Eine übersichtliche Kameraeinstellung fehlt. Diese bleibt immer an den aktuellen Helden gekoppelt und ist von deren Position abhängig. Sehr ärgerlich da dies den Einsatz vieler Fähigkeiten sehr erschwert. Gegner die auf einer Treppe stehen lassen sich nur schlecht für den Feuerball markieren, das mangels genauer Positionierung vor deren Füßen aufschlägt. Und wenn der Bogenschütze mal wieder gar zu weit zurück gelaufen ist, lässt sich nicht einmal mehr sagen ob man gerade den Gegner oder ein Gruppenmitglied in den Beschussradius nimmt. Wenigstens schaden Flächenangriffe erst auf höheren Schwierigkeitsgraden der eigenen Gruppe.

Sehr zweckmäßig fallen die Menübildschirme in Dragon Age 2 aus.

Die zweite wesentliche Änderung ist eine Beschleunigung der Fähigkeiten. Mussten diese im Vorgänger noch getimed werden, da die Beschwörung eines Sturms einige Sekunden brauchte, schleudern die Spielfiguren ihre Fähigkeiten nun fast verzögerungsfrei heraus. Der als Schurke gespielte Hawke sprang sogar mit Meterweiten Sätzen von Gegner zu Gegner um ja keine Sekunde mit dem Schlag warten zu müssen. Dies nimmt den Kämpfen zwar etwas den Tiefgang, macht sie aber ungleich schneller und lässt die Gegnerscharen reihenweise in blutigen Klumpen zerplatzen.

Denn die meisten Kämpfe gegen gegen ein zwei Dutzend Gegner zugleich. Ist die erste Angriffswelle geschlagen, springen aus den Nieschen weitere Kontrahenten und gehen auf die Gruppe los. Kämpfe gegen kleinere Gegnergruppen erlebt der Spieler selbst bei den wenigen Bosskämpfen praktisch nicht. Masse statt Klasse lautet das Motto. Und so macht es nichts dass die Gegner-KI die Bogenschützen so dicht beisammen stehen lässt, dass ein einziger Feuerball alle zugleich verbrennt. Denn der Nachschub wartet bereits auf die Helden. Weniger wäre hier mehr gewesen und hätte die Kämpfe abwechslungsreicher gestaltet.

In den Kämpfen hat man es fast immer mit zehn bis zwanzig Gegnern zu tun.

Diese allgemeine Vereinfachung zieht sich auch durch die Menübildschirme. Diese sind sowohl funktional als auch optisch auf das absolute Minimum beschränkt. Goldbraune Schriften und Menüelemente mit schwarzen Hintergrund. Für ein Fantasyrollenspiel ein erstaunlich kühles und nüchternes Bildnis. Dafür sind die notwendigen Informationen verlässlich aufgelistet und die Optionen übersichtlich.

Im übrigen setzt Dragon Age 2 bei den Fertigkeiten auf Fertigkeitsbäume statt einen linearen Aufbau. In bis zu sechs Kategorien lässt sich pro Levelaufstieg ein Punkt in eine neue Fertigkeit vergeben. Darunter sind sowohl aktive, als auch passive Fertigkeiten die nach und nach freigeschaltet werden. Aktive Fertigkeiten lassen sich zum Großteil noch mehrmals aufwerten um den Angriff zu verstärken, den Schadensbereich zu vergrößern oder die Wirkungsdauer und Erholungsphase zu verbessern.

Technik

Wie schon erklärt ist die Optik eher zweckmäßig und die Steuerung in manchen Fällen für den PC suboptimal geändert worden. Grafische Glanzpunkte setzt Dragon Age 2 zu keiner Zeit. Dafür sind in den Gesprächen viele verschiedene Kameraperspektiven und Animationen im Einsatz, die den Gesprächen einen lebendigen Touch bescheren.

Die Gespräche sind toll geschnitten, im Deutschen aber gelegentlich holprig oder fehlbesetzt.

Die Soundkulisse ist im allgemeinen gut. Manche Sprecher in der Deutschen erweisen sich jedoch als komplette Fehlbesetzung. Ein Knabe klingt während eines normalen Gespräches als wäre er besessen, ein erwachsener als wäre dieser gerade im Stimmbruch. Irritierend zudem dass die Stimmen im Kampf selbst unter freien Himmel einen Hall erzeugen als stünde die Gruppe gerade in einer kleinen Höhle. Auch wenn das Spiel sehr dialoglastig ist, wer dessen mächtig ist sollte tunlichst die englische Sprache den deutschen Sprechern vorziehen.

Wenigstens an der sparsam eingesetzten Musik kann nicht gemäkelt werden. Diese erfüllt ihren Zweck und bringt viele vertraut klingende Stücke mit. Da verzeiht das Ohr schon eher dass die vollständig vertonten Gespräche gelegentlich zu früh abgeschnitten und im Ton vergriffen sind.

Fazit

Mir selbst hat Dragon Age 2 eine Menge Spaß gemacht. Die Kämpfe wurden bis auf einige Ausnahmen schnell langweilig da die immer gleichen Gegnergruppen und Konterfähigkeiten wenig Abwechslung brachten. Dafür ist die Handlung schön erzählt  und wiederholt verlief ein Auftrag anders als anfangs gedacht. Die Geschichte um den Champion von Kirkwall hat verglichen mit Origins nichts episches, ist aber schlüssig erzählt und bringt viele Konflikte mit sich.

Die Gruppe um Hawke erlebt wie das Spiel selbst immer wieder Höhen und Tiefen.

Ist Dragon Age 2 ein gutes Rollenspiel? Wenn man mit dem Recycling  das sich immer wieder aufdrängt leben kann auf jeden Fall. Im direkten Vergleich zu seinem Vorgänger muss es jedoch den Hut ziehen.

 

  • abwechslungsreich erzählte Handlung
  • glaubwürdige Charaktere
  • Entscheidungen beeinflussen Gruppe
  • mehrere Wege Konflikte zu lösen
  • sparsam sterile Optik
  • massives Level-Recycling
  • unnötige Hürden in der Steuerung
  • mangelhafte deutsche Dialoge

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