Recettear: An Item Shop’s Tale

Recettear Titel
Casual Wirtschaftssimulation und Rollenspiel vereint. Ein ungewöhnlicher Mix.

Recette Lemongrass steht vor einer ungewöhnlichen Aufgabe. Und auch den Spielern steht in Recettear ein Spielziel bevor, welches in einem Rollenspiel für gewöhnlich nicht als Hauptziel deklariert wird. Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht und von der Fee Tear aus dem Bett geworfen, heißt es für Recette die Schulden ihres Vaters zu begleichen. Zur Verfügung stehen ihr dabei nur der Laden den sie als Heim nutzt und die Unterstützung von Tear, die ihr die Grundlagen des Handels erklärt und als Beraterin funktioniert.

Capitalism ho!

Ziel ist es demnach mit geschickten Einkauf und gewinnbringenden Verkauf, genug Geld auf die Seite zu schaffen, damit die regelmäßig wachsenden Rückzahlungen Fristgerecht bezahlt werden können. Ansonsten droht die Zwangspfändung und Recette muss ihr Heim räumen und auf der Straße leben. So ernst die grundlegende Ausgangssituation, so wenig ernst nimmt sich Recettear dabei.

In nett gehaltener Manga-Optik präsentiert sich das Spiel dessen Grafik sehr an frühere Teile von Zelda oder Secret of Mana erinnert. In Gesprächen illustrieren große Charakterportraits die Gesprächspartner, während die Umgebung die Detailarmut mit vereinfachten Formen stilisiert.

Zu Beginn noch als Ramschladen mit billigen Plunder wenige Pix, die Währung der Welt verdient, kann aus dem Laden später ein edles Einkaufszentrum mit Automaten und erlesener Ware werden. Mit dem Angebot und der Erscheinung verändert sich auch die Zielgruppe und das Clientel.

Wie die Wahre erlangt wird, bleibt dabei dem Spieler überlassen. Der einfachste und offensichtlichste Weg führt auf den Markt und in die Gildenhalle. Dort lassen sich verschiedenste Gegenstände nach Belieben kaufen. Für spätere Fälle in denen Kunden gezielt Ansprüche stellen, werden diese Einkäufe essentiell. Dass der Gewinn beim Weiterverkauf gering ausfällt, liegt auf der Hand.

Recettear Louie Charme
Der von Abenteurer Louie angeführten Gruppe, stellt sich eine bis dahin unbekannte Diebin in den Weg.

Die andere Möglichkeit ist ein Ausflug in die Dungeons vor der Stadt. Dafür wird in der Abenteurer-Gilde ein Held rekrutiert, der stellvertretend für Recette und Tear in den Kampf zieht. Einige Gegner lassen bei ihrer Niederlage kleinere Gegenstände fallen und in Truhen warten ebenfalls verschiedene Items. Auf diesen Weg gelangen Items ohne Notwendigkeit eines Einkaufs in den Besitzder Geschäftsinhaberin.

Später tut sich noch eine dritte Möglichkeit auf. Verschiedene Kunden kommen in den Laden um einen Gegenstand zu verkaufen. Dieser kann meist besonders günstig eingekauft und mit entsprechend größeren Gewinn weiterverkauft werden. Und mit zunehmenden Verkäufen steigert Recette ihr Level als Händlerin. Dadurch lässt sich der Laden ausbauen, mehr Gegenstände verwalten, neue Gegenstände freischalten oder später auch aus Zutaten bessere Ausrüstung herstellen.

Von Allem kleine Häppchen

Große Schritte macht auch Recettear selbst in keiner Kategorie. Gemein gesagt könnten die verschiedenen Spielparts für sich jeweils ein kleines Minispiel sein. Der Tiefgang ist trotz einem eigentlich komplexen Untergrund erstaunlich schlicht, die Möglichkeiten stark eingeschränkt. Aber, das muss den Entwicklern zu Gute gehalten werden: Es funktioniert und ist für kurze Zeit auch unterhaltsam.

Der Handelpart beschränkt sich auf Menübildschirme in denen Waren Stück für Stück und nie in großen Mengen gehandelt werden. Mehr als 30 Items auf einmal besitzt der Spieler erst im späteren Verlauf und würde damit ohne weiteres einige Zeit über die Runden kommen, ohne erneute Einkäufe zu tätigen.

Immerhin sorgen schwankende Marktpreise die den Wert verdoppeln oder halbieren, Individualisierung und Ausbau des Geschäfts, Kundenanfragen nach bestimmter Ware zu gesetzten Terminen und ähnliche Details für Abwechslung. Auch der Verkaufspreis eines Items wird bei jedem Mal neu verhandelt. Dabei hat jeder Charaktertyp seine ganz eigene Tolleranzgrenze. Liegt der Preis zu hoch kann unter Umständen noch mal ein Rabatt gegeben und der Handel so doch noch abgeschlossen werden. Nach spätestens einer Stunde sind diese Abläufe so ins Blut über gegangen, dass mehrere Geschäfte in der Minute abgeschlossen und intuitiv die wichtigen Entscheidungen getroffen werden.

Die Abenteuer in den Dungeon der Stadt kratzen ebenfalls nicht an nennenswerter Komplexität. Im Laufe des Spiels können verschiedene Abenteurer angeheuert werden. Diese steigen nicht nur unabhängig voneinander in den Stufen auf, sondern besitzen individuelle Spezialangriffe, die gegen Mana ausgeführt werden.

Geschäftsalltag
Hat Recette ihren Laden geöffnet, strömen zahlungswillige Kunden herein um die bereit gestellte Ware zu inspizieren.

Auch die Ausrüstung ist jeweils eine eigene, in manchen Fällen durch Einkäufe in Recettes Laden durch bessere Rüstteile aufgewertet. Alternativ kann die Ausrüstung selbst gestellt und somit für das Abenteuer besseres Equipment ausgewählt werden. Außer höheren Schaden und bessere Rüstwerte gibt es dabei keinen Unterschied. Magische Attribute oder weitere Unterschiede gibt es nicht.

Der Ablauf innerhalb der Dungeons ist dann stets gleich. In zufälliger Konstellation wird eine Ebene aus Bereichen und Gängen geformt. Davon gibt es stets nur einen geraden Gang, eine Abbiegung, eine Kreuzung mit drei oder vier Wegen. Immerhin unterscheidet sich das Grafikset mit jedem Dungeon und alle fünf Stockwerke, füllt die Abschnitte aber nicht mit Zierlementen. Bei den Gegnern wirkt es in einigen Fällen leider so als kämen diese aus unterschiedlichen Grafikabteilungen. Neben stimmig gezeichnet anmutenden Figuren, gesellen sich immer wieder Gegner die aussehen als wären sie einem 3D-Rendering-Programm entsprungen und nicht Teil des ursprünglichen Konzepts.

Der Spielablauf selbst läuft sehr einfach ab. Es stehen ein Angriff und ein Spezialangriff zur Verfügung. Auf die Gegner wird geprügelt bis diese tot sind. Darauf hin lassen sie Kristalle fallen die als Erfahrung gewertet werden. Bei einem Stufenaufstieg erhöhen sich Schaden, Mana und Lebensenergie und die Gesundheit wird regeneriert. Gezieltes steigern einzelner Attribute oder gar Fertigkeiten sind nicht zu erwarten. Immerhin kann ein zweiter Spezialangriff mit anderer Funktion genutzt werden. Spielerisch notwendig ist dies allerdings nicht.

Ziel ist es einen Teleport zu finden der die Gruppe auf die nächste Ebene bringt. Alle fünf Ebenen haben Recette und ihre Freunde die Option weiter zu gehen, oder den Dungeon zu verlassen und später an dieser Stelle einzusteigen. Obwohl mit dem Besuch eines Dungeons viel Tageszeit verstreicht, die nicht für den Verkauf genutzt werden kann, lohnt der frühzeitige Ausstieg. Die Gesundheit des Abenteurers lässt sich nur sehr eingeschränkt mit ebenfalls verkaufbaren Nahrungsmitteln aufrecht halten. Wird die Gruppe besiegt, gehen die gesammelten Gegenstände verloren.

Recettear Kampf
Bei gelungenen Angriffen sorgen bunte Farben für etwas Abwechslung in dem eintönigen Dungeon.

Auf der jeweils fünften Ebene droht darüber hinaus ein Bosskampf gegen einen besonders starken, sich später aber ständig wiederholenden Gegner. Während die übrigen Gegner fast alle mit einfachen Haudrauf besiegt werden können, bedarf es bei den Bossen einer Taktik um diese zu besiegen. Eine große Ratte zum Beispiel verfügt über eine gute Reichweite und kann effektiv nur von hinten wirklich schmerzhaft getroffen werden. Dazu heilt sie sich durch aus dem Boden sprießenden Pilze. Einige wenige davon sind jedoch giftig. Diese gilt es ihr vor zu setzen und dann durch einen gezielten Schlag zu Fall zu bringen, damit für wenige Sekunden effektive Treffer gelandet werden können.

Zu guter Letzt sind da noch die Gespräche die nicht wirklich eine Handlung erzählen, aber verschiedene Personen stärker beleuchtet. Trotz einiger japanischer Soundsamples bleiben all diese Gespräche auf Texttafeln beschränkt. Wahlweise in Japanisch oder Englisch. Obwohl die Gespräche durchaus mehrere Minuten dauern können, wechseln sich nur die Gesichtsausdrücke der Standbilder gelegentlich. Auch Entscheidungen können während dieser Gespräche keine gefällt werden.

Fazit

Recettear ist eines der Spiele die man immer wieder mal eine Stunde lang spielen und dann beiseite legen kann. Die Grundlegende Mechanik und Look erinnern sehr an die bekannte Farmserie Harvest Moon, lässt in einigen Bereichen jedoch dessen Komplexität vermissen.

Die Optik ist minimal aber insgesamt recht stimmig, der Soundtrack düdelt fröhlich vor sich hin, während Spiel und Spielmechanik eine gewisse Unbeschwertheit vermitteln. Hier und da gibt es Anlass kurz zu schmunzeln. Ob mit Tastatur oder Gamepad gespielt wird ist gleich, nur wenige Tasten werden benötigt um Recettear zu meistern. Damit ist es ein gutes Spiel für Einsteiger und Spieler die einfach mal leichte Kost für Zwischendurch wollen. Der Preis von derzeit 14,99 Euro unterstreicht das.

  • Ungewöhnliches Spielprinzip
  • Fröhliche Stimmung und Optik
  • Für kurze Zeit recht unterhaltsam
  • Ständig wiederholende Aufgaben
  • Wenig Abwechslung in Dungeons
  • Gespräche streng linear
  • Nur in Englisch und Japanisch

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